Am 29.07.2015 starteten 10 Mitglieder und 5 Begleitpersonen der Kreisorganisation Großenhain zu ihrer Jubiläums-Reise nach Rochsburg. Der im Jahre 2006 geborene Gedanke, einige Tage gemeinsam in Rochsburg und Umgebung zu verbringen, wurde in diesem Jahr nun bereits zum 10. Male verwirklicht. In all den Jahren hatten wir immer wieder andere Ausflugsziele.
Überpünktlich trafen Frau Friedemann und ihr Sohn Karsten mit den beiden Kleinbussen der Villa am Montagvormittag in Lampertswalde ein. Danach wurden die restlichen Teilnehmer in Kalkreuth und an zwei einstiegsstellen in Großenhain abgeholt, so dass die Fahrt, wie geplant, über Meißen nach Chemnitz gehen konnte.
Nach einem schmackhaften Mittagessen in der Reichenbrander Brauerei war unser erstes Besichtigungsziel das Industriemuseum Chemnitz.
Das Industriemuseum Chemnitz ist eine umfangreiche Sammlung aus der sächsischen Industriegeschichte in Chemnitz und gehört dem Sächsischen Industriemuseum an. Die Ausstellung befindet sich in einer ehemaligen Werkhalle des Maschinenbaus. Die Exponate der Dauerausstellung sollen die technische Entwicklung sowie Zusammenhänge mit der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Sachsens vermitteln. Das zeitliche Spektrum geht vom Ende des 18. Jahrhunderts, dem Beginn der Industrialisierung in Sachsen, aus und endet in der Gegenwart. Das Museum ist in die Themenbereiche Sachsen, Familie, Arbeiter, Unternehmer, Karl-Marx-Städter, Kreative, Konsumenten sowie Europäer gegliedert.
Darunter sind Ausstellungsstücke aus den Bereichen:
Eine Hauptattraktion stellt eine funktionsfähige Dampfmaschine der Firma Germania aus dem Jahr 1896 dar, welche sich im restaurierten Maschinenhaus befindet. Das mit historischen Wandgemälden repräsentativ ausgestaltete Maschinenhaus entstand in dieser Form vermutlich nach dem Erwerb der Gießerei um 1907 durch die Schubert & Salzer AG und soll den Stolz des Unternehmertums zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiedergeben.
Wir durften sehr viele Exponate anfassen und abtasten. Es gab auch akustische Vorführungen von Maschinen und Anlagen, so dass auch die Blinden und hochgradig Sehbehinderten einen Eindruck bekamen. Da das Museum nach umfangreichen Baumaßnahmen erst vor ein paar Wochen wieder eröffnet wurde, fragte uns die Führerin, Frau Opitz, ob wir noch Verbesserungen wünschen, die speziell unseren Personenkreis betreffen. Wir gaben ihr einige nützliche Hinweise dazu.
Gegen 16:30 Uhr trafen wir in der Villa ein und bezogen unsere Zimmer. Der Abend wurde mit lustig-lockeren Gesprächen und Spaziergängen ausgefüllt, wobei auf Grund der doch ziemlich hohen Temperaturen die erste Variante bevorzugt wurde.
Am Dienstag gegen 9:00 Uhr bestiegen wir wieder die Kleinbusse und fuhren nach Leisnig zur dortigen Burg Mildenstein.
Zu den ältesten heute noch sichtbaren Teilen der Burg gehören die romanische Kapelle, deren Ursprünge bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen, und der imposante Bergfried aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts. Im Jahr 1365 gelangte die Burg in den Besitz der Wettiner. Markgraf Wilhelm I. verlieh der Burg durch umfangreiche Baumaßnahmen ihr bis heute erlebbares charakteristisches Erscheinungsbild.
Erhaben ruht die mächtige Burg auf steil abfallenden Felsen über den Ufern der Freiberger Mulde. Noch heute lässt ihr Anblick die Bedeutung der einstigen Reichsburg erahnen.
In ihrer fast 1000jährigen Geschichte diente die Burg den Saliern, Staufern und Wettinern zum Schutze ihrer Gebiete. Bis in die späte DDR-zeit hinein war die Burg Mildenstein ein Gefängnis.
Heute erstrahlt Burg Mildenstein nach umfangreichen Sanierungs arbeitenwieder in altem Glanz. Die beeindruckenden Raumdimensionen der Rittersäle, die verrußten Schwarzküchen, urtümlich anmutenden Vorratskeller und riesige Dachstühle laden zur Erkundung ein.
Auch hier bekamen wir eine hervorragende Führung durch die Gemäuer der Burg. Es wurden Absperrrungen weggenommen, so dass wir an die Ausstellungsstücke herankonnten. Leider konnten unsere älteren und gehbehinderten Mitglieder nicht alle Ausstellungsräume besuchen. Sie machten es sich bei einem kühlen Getränk zu dieser zeit im Schatten gemütlich. Solche Kompromisse muss man eingehen, wenn in einer Reisegruppe mehrere Generationen sind. Unter den Mitgliedern der Kreisorganisation Großenhain gibt es diesbezüglich keine Probleme. Es herrscht ein familiäres Klima, was eine kleine Kreisorganisation, wie die unsere, auszeichnet.
Unsere Fahrt ging anschließend weiter nach Klosterbuch, wo in der Gaststätte „Zum frohen Mönch“ das Mittagessen bereits vorbestellt war und somit zügig eingenommen werden konnte.
Den Nachmittag verbrachten wir auf dem Archehof der Familie Pohl in Klosterbuch. Hierauf waren nicht nur die Teilnehmer der Reise, sondern auch Frau Friedemann, die Leiterin der Villa Rochsburg, gespannt, da sie noch mit keiner Gruppe den Arche hof besucht hatte. Sie war im Nachhinein positiv überrascht und wird das Ausflugsziel zukünftig auch mit anderen Reisegruppen besuchen.
Ich kenne Frau Elsbeth Pohl seit über 20 Jahren als eine Frau, die sich aufopferungsvoll für die Belange aller Behindertengruppen einsetzt. Seit nunmehr 13 Jahren bietet sie gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen ehemaligen Drogen- und Alkoholsüchtigen, am Rande der Existenz lebenden Menschen und Behinderten durch ihre gemeinsame Arbeit auf dem Archehof ein sinnvolles Leben und eine lebenswerte Zukunft. Dabei werden die Ansprüche und Bedürfnisse der Familie Pohl oft in den Hintergrund geschoben.
Seit vielen Jahren leben auf dem Archehof Rheinisch-Deutsche Kaltblüter, Heid- und Moorschnucken, Katzen und viele mehr. Die Sachsenhühner, Legegänse und die Erzgebirgsziegen sind im Frühjahr 2009 dazu gekommen. Die Tiere und Mitarbeiter leben und arbeiten nach alt hergebrachter Weise. Als ArchehHof im landwirtschaftlichen Nebenerwerb verstehen sie sich als Tierhalter, die vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen bewusst in ihr Betriebskonzept integrieren und landwirtschaftliche Produkte herstellen. Beispielsweise verarbeiten sie die Ziegenmilch täglich zu Frischkäse – sehr zur Freude auch der Gäste, welche ihren Urlaub auf dem Hof verbringen.
Vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen können nur erhalten werden, wenn man ihre Potentiale auch nutzt. Die Tiere nur einfach halten zum Anschauen und Streicheln, wie in einem Zoo, ist nicht die Art und Weise alte Haustierrassen zu erhalten. Die Pferde stehen nicht ihr Leben lang in Boxen, sondern mit ihnen wird gearbeitet und sie werden gefordert, wie es ihrer Natur entspricht.
So waren nach unserer Führung durch den Mitarbeiter Micha, der ein sehr lustiger Typ ist, die Pferde für eine Planwagenfahrt eingespannt. Herr Pohl erklärte uns während unserer 90-minütigen Fahrt die Funktionsweise eines Wasserkraftwerkes und berichtete über den August 2002 und den Juni 2013, als das Hochwasser in Klosterbuch und besonders auch auf dem Arche hof wütete.
Als besonderen Leckerbissen gab es nach der Rückkehr auf dem Hof im Gästehaus außer Kaffee noch Apfelstrudel mit Vanille-Eis. Der zweite Abend klang ebenfalls mit gemütlichen Gesprächen aus. Da der Tag doch recht anstrengend war, gingen einige früh zu Bett, um am nächsten Morgen wieder fit zu sein.
Am Mittwoch war unser Reiseziel Schneeberg. Das Museum für bergmännische Volkskunst Schneeberg zählt mit seinen reichhaltigen Zeugnissen erzgebirgischer Volkskultur zu den wichtigsten volkskundlichen Sammlungszentren Sachsens. Vermittelt das erzgebirgische Spielzeugmuseum Seifen die kulturelle und wirtschaftliche Geschichte des Drechslerhandwerkes im östlichen Teil des Erzgebirges, so ist das Schneeberger Museum vor allem eine Ausstellungsstätte für die im westlichen Teil des Gebirges beheimatete Holzschnitzerei und Klöppelei.
Durch den Besuch beider Sammlungen erhält man einen Überblick über die Vielfalt und Geschichtsträchtigkeit der durch den Bergbau geprägten und von tätiger Heimatliebe getragenen Traditionen.
Die kulturelle Ausstrahlung Schneebergs als eines der wichtigsten auch wirtschaftlichen Zentren des Erzgebirges trägt durch die Geschichte. Und das herzliche „Glück auf" heißt auch heute die Besucher des Museums willkommen, dem alten Bergmannsbrauch entlehnt.
Zu Beginn unserer Führung wurden weiße Handschuhe ausgeteilt, denn die oft feingliedrigen Exponate mussten ganz vorsichtig abgetastet werden. Als besonderer Höhepunkt wurde uns das Treiben auf einer erzgebirgischen Kirmes akustisch dargestellt. Die eingeplanten 90 Minuten vergingen wie im Fluge und waren viel zu kurz um alles zu Sehen, zu ertasten und zu Hören.
Den Rest des Tages verbrachten wir nur mit Schlemmen und Ausruhen. Das leckere Mittagessen nahmen wir auf dem Keilberg bei Schneeberg ein. Die Gaststätte war zunächst nicht zu finden, da sie auf den Navigationssystemen der Busse nicht angezeigt wurde. Das iPhone eines Reisegastes brachte dann die Erlösung. Auf dem Rückweg zur Villa kehrten wir in das bekannte Kaffee Winkler ein. Als Mitglied des Fördervereins der Villa Rochsburg freut sich Frau Winkler immer ganz besonders auf blinde und sehbehinderte Gäste. Am letzten Abend wurde traditionsgemäß der Grill angeworfen und bis spät in die Nacht Anekdoten der Kreisorganisation Großenhain erzählt. Man erinnert sich bei solchen Runden an frühere Ausflüge und Teilnehmer, die oft nicht mehr unter uns weilen, aber in Aller Erinnerung geblieben sind. Besonders die Familie Krause, welche zum ersten Male in der Villa weilte, brachte ihre sehr positiven Eindrücke zum Ausdruck.
Die Koffer waren gepackt, die Rechnungen bezahlt, so konnten wir voller neuer eindrücke unsere Heimreise antreten, nicht, ohne dass der Vorstand bereits einen Termin für das Jahr 2016 vereinbart hatte. In den Köpfen des Vorstandes gingen auf der Rückreise bereits Gedanken um, welches im kommenden Jahr Ausflugsziele sein könnten.
Ein ganz besonderer Dank geht an dieser Stelle an Frau Anita Friedemann und ihrem gesamten Team für die ausgezeichnete Betreuung und Bewirtung an allen Tagen. Wir können anderen Kreisorganisationen und Betreuungsgruppen aus Nah und Fern nur empfehlen, eine solche Reise einmal zu planen. Unseren Teilnehmern haben die Tage wieder neuen Lebensmut gegeben. Sie erlebten kulturelle Höhepunkte, von denen sie noch lange zehren können.
Bedanken möchten wir uns auch bei allen Sponsoren und Förderern, ohne die eine solche Reise nicht möglich ist.
Frank Herrmann